„Auch Klassenleitungen an Grundschulen brauchen Entlastungsstunden“
Die James-Krüss-Grundschule in Köln meistert Herausforderungen der Elternarbeit. Dennoch gebe es dringenden Handlungsbedarf, sagt Schulleiterin Christiane Hartmann.
„Über 90 Prozent der Kinder an unserer Schule haben einen Migrationshintergrund, mehr als 80 Prozent der Familien leben von staatlichen Transferleistungen. Aufgrund von Sprachbarrieren, Vorbehalten und Überforderung aufseiten der Eltern ist die Zusammenarbeit mit ihnen auf verschiedenen Ebenen herausfordernd. Doch wir meistern das bestmöglich: So ist es uns beispielsweise gelungen, dass über 90 Prozent der Eltern die KIKS-App installiert haben. Dank ihr können wir in verschiedenen Sprachen mit den Eltern kommunizieren. Außerdem sind wir seit viereinhalb Jahren ein Familiengrundschulzentrum. Mit dem Vorteil, dass wir den Eltern und Familien verschiedene niedrigschwellige Angebote machen können, wie etwa unser Frauenfrühstück. Anfang des Jahres hatten diese Frauen dann die Idee, die Mütter der ersten Klassen zu einem gemeinsamen Ausflug einzuladen. Die Resonanz war großartig! So ist eine gute Vertrauensbasis entstanden.
Bei allen Erfolgen in der Elternarbeit müssen sich drei Dinge unbedingt noch ändern:
1. Anerkennung des Zeitaufwands: Die Elternarbeit nimmt einen erheblichen Teil unserer Zeit in Anspruch. Wenn zum Beispiel bei Elterngesprächen Dolmetscherinnen und Dolmetscher dabei sind, verdoppelt sich die Gesprächszeit. Auch die fundierte Beratung zu den vielfach notwendigen Unterstützungsbedarfen oder zur Entwicklung toller Potenziale braucht enorm viel Zeit, vor allem, wenn die Eltern sich im Bildungs- und Hilfesystem nicht auskennen. Wie in der Sekundarstufe II brauchen deshalb auch Klassenleitungen an Grundschulen Entlastungsstunden. So hätten wir mehr Zeit für andere Dinge wie eine solide Elternarbeit. Alle Fäden zu jedem Kind laufen bei den Klassenleitungen zusammen. Sie managen neben dem Unterricht und der Klassenorga alle individuell verschiedenen ‚Fälle‘: eine Mammutaufgabe!
2. Gebundener Ganztag: Eltern und Kindern würde es entgegenkommen, wenn unsere Schule einen gebundenen Ganztag hätte, alle Kinder also den Ganztag besuchen würden. Dann hätten wir viel mehr Zeit, die Mädchen und Jungen professionell zu fördern und weitere Angebote für die Eltern zu machen.
3. Diagnostik und Therapie in die Schule holen: Die Kinder werden mit unterschiedlichen Förderbedarfen und zum Teil mit traumatischen Erfahrungen eingeschult. Die Eltern sind damit oft überfordert. Für Diagnostik und Therapieangebote gibt es aber lange Wartezeiten, teilweise über ein Jahr. Oder die Wartelisten sind voll oder die Wege sehr weit. Hier würden wir uns wünschen, mehr solcher Angebote unkompliziert vor Ort in der Schule anbieten zu können.“
Dieser Text wurde erstmals am 16. Juni 2025 im Online-Magazin SchuB der Wübben Stiftung Bildung veröffentlicht.
WEITERE INFORMATIONEN
Protokoll: Marisa Klasen
Foto: © Wübben Stiftung Bildung/
Kommune: Köln
Schule: James-Krüss-Grundschule Köln