EINBLICKE IN DIE PRAXIS

Hand in Hand: FGZ- und OGS-Leitung in Personalunion

Cindy Bach ist Standortleiterin des offenen Ganztags Wunderhof und des Familiengrundschulzentrums der Wunderschule. Im Interview erläutert sie, welche Vorteile es hat, beide Hüte aufzuhaben, wie sie ihre Tage plant und sich vor einer Verschmelzung der zwei Rollen schützt.

 

Liebe Frau Bach, Sie sind an der Wunderschule in Oberhausen sowohl die Standortleiterin des offenen Ganztags sowie Koordinatorin des Familiengrundschulzentrums. Welche Vorteile sehen Sie in dieser Personalunion?

Cindy Bach: Ich bin schon seit einigen Jahren die Standortleitung des offenen Ganztags (OGS) unter der Trägerschaft „die kurbel – Kath. Jugendwerk Oberhausen gGmbH“. Dadurch sind mir viele Strukturen vor Ort, der Stadtteil und das Schulteam bekannt. Ich konnte zudem bereits Kontakte zu den Kindern und den Eltern aufbauen. Ich habe zwei halbe Stellen. Die gleichen ein Defizit aus, das ich sehe: Ich empfinde eine halbe Stelle als Leitung des Familiengrundschulzentrums (FGZ) als zu wenig – für den Auftrag und die Anforderungen, die von innen und außen kommen, die absolut berechtigt sind. Es ist von Vorteil, dass ich die Arbeitszeit so flexibler gestalten kann.

Durch die beiden Stellen, die Sie innehaben, tragen Sie auch unterschiedliche Verantwortlichkeiten. Wie können wir uns das vorstellen?

Bach: Im Vormittags- und auch Nachmittagsbereich teile ich mir die Zeiten immer so ein, wie ich sie gerade benötige. Wenn wir für das FGZ einen Ausflug planen, muss ich mich auch an den Zeiten von Kooperationspartnern und Partnerschaften orientieren. Wie sind sie erreichbar? Wann sind Zeiten für Absprachen? Der Ganztag ist bei mir persönlich die Kernzeit. Durch meine Standortleitung habe ich nur die vierten Klassen in der OGS. Dadurch habe ich mehr Luft, denn die Kinder sind in der Regel länger im Unterricht. Dann folgt aber die Kernbetreuungszeit von ca. 12 Uhr bis 16 Uhr, in der ich uneingeschränkt für die OGS da sein muss und Absprachen mit der Schule halte. In Ausnahmefällen kann in der Zeit auch mal ein Telefonat für das FGZ fallen, mehr aber nicht.

Es gibt auch FGZ-Angebote, die am Abend stattfinden oder auch mal am Wochenende. Wie funktioniert Ihre Zeiteinteilung dann?

Bach: Ich habe das Glück, dass ich ziemlich frei gestalten kann. Der geplante Ausflug wird an einem Sonntag stattfinden. Das ist ein ganzer Arbeitstag. Ich halte enge Rücksprachen mit meinem OGS-Team, so dass ich eventuell Zeiten, die als Überstunden im Rahmen des FGZ anfallen, auch von der OGS-Zeit in Anspruch nehmen kann. Es geht zum Teil nicht anders. Oder ich nehme mir mal einen Vormittag frei und fange an dem Tag später an. Andersrum funktioniert das genauso. Es kann auch passieren, dass ich für jemanden in der OGS einspringen muss, der ausfällt oder es stehen Konferenzen an. Dann wird meine FGZ-Zeit benötigt. Das funktioniert Hand in Hand. Wichtig ist, dass keines von beiden zu kurz kommt.

Wie ist die Akzeptanz im Team, wenn Sie beide Rollen innehaben und so flexibel mit der jeweiligen Zeiteinteilung umgehen?

Bach: Kommunikation ist dabei und bei vielen anderen Dingen das A und O. Es ist wichtig, dass alle Personen, die an einem Schulstandort arbeiten, egal ob OGS, Schulsozialarbeit oder Lehrerkollegium, das FGZ nicht als Zusatz an der Schule sehen. Die Schule ist ein FGZ und nicht die Schule hat ein FGZ. Das ist eine wichtige Erkenntnis, die für viel Akzeptanz sorgt. Ich habe bisher noch keine negativen Stimmungen wahrgenommen, da sich meine Zeiteinteilung auch immer wieder ausgleicht.

Wie ist das für die Eltern? Für die sind Sie auch OGS-Leitung und FGZ-Leitung.

Ich nehme wahr, dass der Kontakt zu den Eltern im Rahmen von Veranstaltungen des FGZ anders ist. Ich würde ihn als offener bezeichnen. Als OGS sind wir Dienstleister. Die Rahmenbedingungen sind auf beiden Seiten eindeutig. Das FGZ funktioniert ein bisschen anders. Die Angebote des FGZ sind freiwillig und werden partizipativ von und mit Familien gestaltet. Das ist in der OGS nur bedingt möglich, da wir einen Bildungsauftrag erfüllen und die Rahmenbedingungen und Konzeptionen von Schule und Träger umsetzen. Wie gerade schon gesagt ist beim FGZ die partizipative Arbeit auf einem anderen Niveau. Dadurch wird den Familien die Teilnahme und der Kontakt zur Schule erleichtert und die Beziehung gestärkt.

Was ist aus ihrer Sicht die Herausforderung in dieser Personalunion? Wo würden Sie sagen, ist es einfach auch schwierig, diese beiden Hüte gleichzeitig aufzuhaben?

Bach: Wie schon gesagt, ist es für mich positiv, beide Stellen innezuhaben. Aber eine negative Entwicklung ist natürlich nicht auszuschließen. Es kann passieren, dass die Zeiten doch so sehr miteinander verschmelzen, dass der Überblick verloren gehen könnte. Es ist zudem wichtig, realistisch zu planen. Es ist großartig, wenn alle vor Ideen für das FGZ sprühen, aber dabei darf die OGS nicht aus dem Blick verloren werden. Und auch andersrum: An Tagen oder in Wochen, in denen die OGS mehr Zeit in Anspruch nimmt, darf auch das FGZ nicht vernachlässigt werden.

Gleichzeitig sollte man sich selbst im Blick behalten und auch das Team. Bei meinen Planungen brauche ich die Unterstützung des Schulteams und darf ihnen nicht zu viel abverlangen. Morgens ein Elterncafé durchführen, anschließend in Elterngespräche gehen, dann in die OGS, am Nachmittag das nächste Angebot veranstalten und am Wochenende dann vielleicht noch ein Ausflug: Das kann phasenweise funktionieren, aber auf Dauer muss man schauen, niemanden zu überstrapazieren.

Haben Sie eine Idee, wie man sich davor schützen kann?

Bach: Hier ist Kommunikation wieder ein großer Schlüsselfaktor. Es ist wichtig, im Vorfeld Dinge abzusprechen, nicht über die Köpfe anderer hinweg zu entscheiden oder einfach Aufträge zu erteilen: „Du, ich habe dich jetzt eingeplant. Das machst du bitte noch.“ Das würde nach hinten losgehen. Es ist wichtig, transparent und klar miteinander zu sprechen. Gleichzeitig ist es wichtig auch loslassen zu können und sich aus selbständig funktionierenden Angeboten rauszuziehen. Montagvormittags findet ein Deutschkurs statt, den ich als FGZ-Leitung organisiert habe, den ich aber nicht leite. Das macht eine Honorarkraft. Ich habe dort also keine aktive Rolle. Ich schaue regelmäßig mal vorbei, wenn ich an diesem Kurs aber komplett teilnehmen würde, fehlen mir die Stunden für andere Dinge. Ich habe hier volles Vertrauen in die Kursleitung.

„Als OGS sind wir Dienstleister. Die Rahmenbedingungen sind auf beiden Seiten eindeutig. Das FGZ funktioniert ein bisschen anders. Die Angebote des FGZ sind freiwillig und werden partizipativ von und mit Familien gestaltet. Das ist in der OGS nur bedingt möglich, da wir einen Bildungsauftrag erfüllen und die Rahmenbedingungen und Konzeptionen von Schule und Träger umsetzen."

Sie haben gerade schon gesagt, Ihre Schule hat nicht ein FGZ, sondern sie ist eines. Was hat sich in den vergangenen zwei Jahren durch die Entwicklung zum FGZ verändert?

Bach: Wir konnten unser Portfolio an Angeboten, an Kursen, an Ausflügen für Eltern und/oder Kinder deutlich erweitern. Die partizipative Arbeit mit Familien hat zugenommen. Der Kontakt zu den Eltern ist enger geworden. Wir konnten Kooperationen, bestehende und neue, nochmal verstärken. Wir haben uns im Sozialraum weiter etabliert. Natürlich sind wir noch nicht am Ende der Entwicklung. Wir sind nach zwei Jahren noch in der Entwicklungsphase. Das ist ein Schulentwicklungsprozess, der immer weiterläuft.

Im Optimalfall wird der Gedanke des FGZ von allen getragen. Wie funktioniert das im multiprofessionellen Team? Das hat vor 2021 wahrscheinlich anders gearbeitet.

Bach: Das Team hat sehr positiv auf diesen Prozess reagiert. Natürlich habe ich die Sorge wahrgenommen, dass nun Mehrarbeit entsteht. Natürlich sprechen Eltern auch das Kollegium, das Sekretariat und das weitere Team auf die Angebote des FGZ an. Deswegen ist eine Akzeptanz im gesamten Team dringend notwendig. Dabei ist auch der Gedanke wichtig, dass die Entwicklung zum FGZ für das ganze Schulteam einen Mehrwert bietet. Wir stärken die Eltern und Familien und arbeiten daran wirklich Hand in Hand mit dem gesamten Team.

Wen braucht man in diesem Prozess besonders? Wo sehen Sie die Hebel?

Bach: Das FGZ basiert auf einem Beschluss von Schulleitung und Schulkonferenz. Wenn die Schulleitung nicht hinter der Idee steht, dann ist das Vorhaben wirklich gescheitert. Wir haben eine Schulleitung, die Feuer und Flamme für die Idee ist und sich für diese einsetzt. Sie bringt viele Ideen und auch viel Zeit ein. Es ist wichtig, dass sie das vorlebt und genauso die OGS-Leitung. In der Regel ist das OGS-Team kleiner als das Schulteam mit Lehrerinnen und Lehrern. Aber wenn das Konzept des FGZ von Leitungen nicht vorgelebt wird, dann wird es mit der Akzeptanz im Team schwierig. Die Konstellation (Schulleitung, OGS, FGZ und Träger) muss Hand in Hand agieren und dann gemeinsam das Team begeistern bzw. die eigene Begeisterung auf das Team übertragen.

WEITERE INFORMATIONEN

Interview: Marisa Klasen und Sebastian Schardt, Wübben Stiftung Bildung
Fotos: © Cindy Bach
Kommune: Oberhausen
Schule: Wunderschule