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Gesundheitsangebote an Familiengrundschulzentren – Ein Überblick

08.03.2023

Die gesundheitlichen Probleme von Kindern und Jugendlichen nehmen von Jahr zu Jahr zu. Die Corona-Pandemie hat diese Entwicklung unterstützt. Kinder haben sich weniger bewegt, schlechter ernährt und psychische Erkrankungen sind hinzugekommen. Doch dies trifft nicht auf alle Kinder und Jugendlichen  gleichermaßen zu. Die KiGGS-Studie des Robert Koch Instituts, eine Langzeitstudie zur Gesundheit von Kindern und Jugendlichen zwischen 0 und 17 Jahren, zeigt, dass insbesondere Kinder in sozial benachteiligten Familien stärker betroffen sind. Es ist daher naheliegend, dass sich viele Familiengrundschulzentren (FGZ), die sich meist in sozialen Brennpunkten befinden, auf unterschiedlichen Ebenen dem Thema Gesundheit annehmen.

Dazu Prof. Dr. Sybille Stöbe-Blossey vom Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen, die zu FGZ forscht: „Gerade in den zurzeit laufenden Fallstudieninterviews habe ich den Eindruck, dass das Thema Gesundheit in den FGZ eine wachsende Rolle spielt. Wir merken, dass das ein Thema ist, das in zunehmendem Maße brennt. Wir sehen in den FGZ eine große Vielfalt von gesundheitsbezogenen Angeboten, vor allem auf dem Gebiet der Primärprävention.“ Das gesamte Interview finden Sie hier.

Wir wollen in diesem Artikel exemplarisch aufzeigen, welche unterschiedlichen Angebote und Ansätze es in den Grundschulen gibt, die sich zum FGZ entwickeln, und stellen Ihnen eine Auswahl aus den Bereichen Ernährung, Bewegung sowie Mentale Gesundheit vor und gehen auf systemische Ansätze ein.

Systemische Ansätze

In vielen Kommunen sind die FGZ als Bausteine in die kommunale Präventionsstrategie eingepasst und helfen dabei, dass Kinder und Familien Zugänge zu (präventiven) Angeboten und Unterstützungsstrukturen bekommen. Um diese Angebote möglichst passgenau auf die Bedarfe an den Schulstandorten abzustimmen, werden bspw. Sozial- und Gesundheitsdaten auf Sozialraumebene für die Angebotsplanung genutzt und punktuell Fachkräfte aus dem Gesundheitswesen vor Ort an den Schulen eingesetzt. 

Köln: Gesundheitslosendienst

Der Gesundheitslotsendienst ist ein Angebot an den neun FGZ im Kölner Stadtgebiet. Es richtet sich an alle Schülerinnen und Schüler, deren Familien und an die Fachkräfte dieser Schulen. Die Gesundheitslotsen und Gesundheitslotsinnen sind ausgebildete Kinderkrankenpflegekräfte und beraten zu allen Themen im Bereich Gesundheitsvorsorge, Krankheit und Krankheitsprävention. Ein Interview zum Gesundheitslotsendienst finden Sie hier:

Bielefeld: Datenbasierte Angebotsgestaltung

Die Stadt Bielefeld zieht sowohl bei der Standortsuche für FGZ als auch für deren Angebotsgestaltung Daten heran. So zeigt der Lebenslagenbericht der Stadt, dass der Stadtteil Bielefeld-Sennestadt von einer hohen Bildungsbenachteiligung betroffen ist. Dort entwickeln sich nun drei Grundschulen zu FGZ. Zudem zeigen die Daten aus den Schuleingangsuntersuchungen, dass die Kinder in Sennestadt häufig von Übergewicht betroffen sind und unter Bewegungsmangel leiden. In den FGZ wird nun ein besonderes Augenmerk auf Bewegungsförderung gelegt und auf Kooperationen mit Sportvereinen gesetzt. Ein Interview zum Thema finden Sie hier:

Ernährung

Viele Familien in sozialen Brennpunkten haben wenig Bezug zu gesundem Essen. Die Kinder kommen oft ohne Frühstück in die Schule oder mit ungesunden Lebensmitteln. Die Angebote der FGZ richten sich daher an die Eltern und Kinder und bieten niedrigschwellige Angebote zu einer bewussten und gesunden Ernährung.

Bochum: Kochstudio

Ein FGZ in Bochum verfügt über ein Kochstudio und lädt die Familien der Schule einmal pro Monat am späten Nachmittag zum gemeinsamen und bewussten Kochen ein. Es werden regionale Produkte genutzt und alles, was im Schulgarten wächst.

Mülheim a.d. Ruhr: Informationsveranstaltungen und EU-Schulobstprogramm

FGZ in Mülheim a.d. Ruhr bieten Informationsveranstaltungen für die Eltern zu gesunder Ernährung und Zahngesundheit an. Zudem nehmen Schulen an dem EU-Schulobstprogramm teil. Das bedeutet, dass jedes Kind täglich Obst und Gemüse angeboten bekommt. Ziel ist es, dass die Kinder ein Bewusstsein für gesunde Ernährung entwickeln.

Bewegung

Kinder und Jugendliche haben sich in der Pandemie weniger bewegt. Bewegung ist allerdings einer der zentralen Schlüssel für gesundes Aufwachsen. Daher richten sich die Angebote der FGZ insbesondere an die Zielgruppe der Kinder. Es gibt auch Angebote für Eltern, die aber eher den Fokus der Entspannung verfolgen (Yoga, Pilates etc.).

Bielefeld, Mönchengladbach: Open Sunday

Der Open Sunday ist ein kostenfreies sportpädagogisches Bewegungsangebot für Grundschulkinder, an dem alle Kinder zwischen 6 und 12 teilnehmen können – ohne Mitgliedschaft im Verein, ohne Anmeldung – immer sonntags, am selben Ort und zur selben Zeit. FGZ u.a. in Bielefeld und Mönchengladbach stellen dafür sonntags ihre Schulhöfe und Turnhallen zur Verfügung und öffnen sich damit auch in Sozialraum.

Bilder: Copyright: Stiftung IdéeSport / Christian Jaeggi

Mentale Gesundheit

Die Angebote der FGZ zu mentaler Gesundheit sind vielfältig. Sie richten sich an Kinder und Eltern, denn die mentale Gesundheit beider Gruppen ist zentral für ein gesundes Aufwachsen. Eine Evaluation in Bottrop zeigt zudem, dass die Eltern großes Interesse am Thema Cybermobbing haben.

Bottrop, Oberhausen: Cybermobbing

Unter anderem in Bottrop und Oberhausen bieten FGZ Anti-Mobbing-Angebote an. So hat im November 2022 an der Wunderschule in Oberhausen ein Anti-Mobbing-Themenmonat stattgefunden. Es wurden vier Eltern-Infoabende zu unterschiedlichen Aspekten (Cybermobbing, Internet-Kriminalität, Gewalt-Prävention, Stärkung der Kinder) veranstaltet und in den 2. Klassen Projekttage zum Thema „Stark auch ohne Muckis” durchgeführt.

In Bottrop wird das Thema Cybermobbing von der Volkhochschule in Kooperation mit der Bildungsinitiative RuhrFutur aufgegriffen. Das Thema wurde von vielen Eltern im Rahmen einer Evaluation an verschiedenen FGZ-Standorten genannt. Im Frühjahr 2023 gibt es drei Online-Elternabende zu folgenden Themen: Erstes eigenes Handy, Cyber-Mobbing/Cyber-Grooming und Auswirkungen von Social-Media-Influencern auf Kinder. Auch hier sind die Bottroper FGZ mit im Boot und bieten die Online-Abende niedrigschwellig für Eltern und Interessierte im Quartier als Präsenzveranstaltung an, mit Diskussionsmöglichkeit und Austausch im Anschluss.

Hier finden Sie die Links zu den drei Elternabenden:

Bochum: Entspannungskurs für Eltern

Ein FGZ in Bochum bietet einen Entspannungskurs für Eltern an. Eine Entspannungstrainerin führt Eltern in Entspannungsmöglichkeiten mit Klangschalen ein.

Die unterschiedlichen Angebote zeigen, wie vielfältig die Arbeit der FGZ in diesem wichtigen Themenbereich ist und Prof. Dr. Sybille Stöbe-Blossey macht im Interview deutlich, wie wichtig es ist, Gesundheitsfragen in die Schule zu holen. „Deshalb brauchen wir ein noch stärkeres Bewusstsein dafür, dass diese Gesundheitsfragen in der Schule nicht nur ein nettes Add-on oder ein Schmankerl sind, sondern dass man damit zentrale Voraussetzungen für ein besseres Lernen der Kinder schafft.“

Text: Gregor Entzeroth und Marisa Klasen, Wübben Stiftung